München, den 25. September 2024
Kulturkürzungen des Bundes bedeuten harte Einschnitte für die Freie Szene in den Ländern
Gemeinsame Pressemitteilung mit den Landeskulturvertretungen aus NRW, Thüringen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin
Pressemitteilung, München, den 19. September 2024
Es wird eng für die Freie Kunst
SK³ fordert deutliche Erhöhung der Bundeskulturfonds in der Bereinigungssitzung zum Bundeshaushalt
Im Februar 2024 sah es noch so aus, als gäbe es einen Lichtblick in der deutschen Kulturpolitik: die Honoraruntergrenze für Künstlerinnen und Künstler bei Projekten, die mit mind. 50% aus Bundesmitteln finanziert werden, wurde von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien eingeführt. Fest stand schon damals, positiv würde sich das – auch auf die Länder – nur auswirken, wenn dementsprechend höhere Mittel für die Förderung der freien Szene zur Verfügung gestellt werden.
Das Gegenteil ist nun der Fall: „Die Halbierung der Mittel der Bundeskulturfonds trifft die Freie Szene wie ein Schlag! Auch die Entwicklung der Fördersysteme für die Tanzszene auf Bundesebene ist dringend erforderlich.“, sagt Walter Heun, Vorsitzender der SK³ - Ständigen Konferenz für Kunst und Kultur in Bayern e.V. und des Bayerischen Landesverbands für zeitgenössischen Tanz. „Für die freie Kunst in Bayern wird es nun eng. In den letzten Jahren haben wir auf Landesebene neue Förderpakete entwickelt, aber um die freie Szene für die Zukunft zu stärken, wird die Kofinanzierung und die größtmögliche Vielfalt der Fördermittel notwendig sein – auf kommunaler, Landes- und Bundesebene. Und wir sehen aus den Debatten um den Haushalt der Landeshauptstadt München, dass die Mittel der Kommunen limitiert sind. Wer richtigerweise Mindesthonorare für Künstler:innen fordert, muss auch die adäquaten Mittel bereit stellen.“
Während die großen Institutionen durch den Bundeskulturhaushalt gestärkt wurden, verweist die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien Claudia Roth in der Grundsatzdebatte zum Thema Freie Szene auf den Theaterpreis sowie die Kulturhauptstadt Chemnitz – beides gute Maßnahmen, die jedoch nicht in die strukturelle Breite der freien Künstlerinnen und Künstler wirken.
Damit sich die Freie Szene entfalten kann, braucht sie verlässliche Partner und eine langfristige Finanzierungsstrategie. Fällt einer dieser Partner weg, können Projekte entweder gar nicht oder bei Kofinanzierung nur mit einem deutlich geringeren Budget umgesetzt werden. Dies treibt Künstler:innen tiefer ins Prekariat. Christian Schnurer, Vorsitzender des BBK in Bayern: „Es herrscht der Glaube, in der freien Kunst kann mit wenig viel geschaffen werden – doch es gibt Grenzen, das hat uns spätestens die Pandemie gezeigt: Gute Honorare und eine gute soziale Absicherung kosten und müssen finanziert werden. Die Kombination Mindesthonorare und Kürzung der Bundesmittel kann daher nur zu weniger Projekten, kürzeren Proben- und Projektzeiten und damit zur Verarmung der Künstler:innen führen. Die freie Szene wird ausgedünnt.“
Statement, München, den 1. August 2024
Alarmstufe rot für den Bildungsstandort Deutschland durch Verteuerung von Bildung
Andrea Fink, Vorstand SK³ und Generalsekretärin des Tonkünstlerverbands Bayern, ist besorgt
über den Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2024
Freie musikalische und kulturelle Bildungsangebote werden von Kindern und ihren Familien
individuell und gezielt wahrgenommen. Dafür müssen die Angebote bezahlbar gestaltet werden.
Doch der aktuelle Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2024 sieht eine Änderung
des § 4 Nr. 21 a) bb) UstG mit weitreichenden Folgen vor: Laut Referentenentwurf soll die
Befreiung von der Umsatzsteuer nur noch für gemeinnützige Einrichtungen gelten. Dies trifft
besonders die freiberuflichen Musiklehrkräfte, Musikinstitute und Musikschulen.
Andrea Fink, Generalsekretärin des Tonkünstlerverbands Bayern e.V.: „Der Bildungsstandort
Deutschland ist durch Verteuerung von außerschulischer Bildung und neue Bürokratisierung
in höchster Gefahr. Die regierenden Parteien haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, an
der Steuerfreiheit von Bildungsleistungen im unionsrechtlichen Rahmen festzuhalten. Daran
sollten sie sich halten und eine Zugänglichkeit für alle sowie eine finanzielle Erschwinglichkeit
sichern. Mit Stundenkürzungen in kreativen Fächern in Bayern und dem gravierenden Lehrkräftemangel
besteht bereits jetzt Alarmstufe rot im musikalischen Bildungsangebot.“
Musikalische, kreative und kulturelle Bildung ist Bildungsleistung und darf nicht willkürlich in
die Freizeitgestaltung eingeordnet werden. Dies hätte eine erhebliche Mehrbelastung der
Schüler:innen und deren Eltern zur Folge. Für die musikalische Bildung könnte dies das Aus
für den Musikunterricht von freiberuflichen Musiklehrkräften, Musikinstituten und Musikschulen
bedeuten. Die musikalische Ausbildung würde flächendeckend in Gefahr gebracht.
Auch wenn die musikalische Bildung in besonderem Maße betroffen ist, hätten die Änderungen
im Jahressteuergesetz auf alle Institutionen und freiberufliche Künstlerinnen in der kreativen
und kulturellen Bildungsarbeit Auswirkungen. Der Tonkünstlerverband Bayern und die
SK³ - Ständige Konferenz für Kunst und Kultur in Bayern e.V. fordern zudem, dass das gängige
Bescheinigungsverfahren durch die Landesbehörden aufrechterhalten und weiterentwickelt
wird. Die notwendige Fachkompetenz bei Einzelfallprüfungen liegt bei den Berufsverbänden
und nicht bei den Finanzbehörden. Zudem muss der Referentenentwurf durch einen Bestandsschutz
für unbefristete Umsatzsteuerbefreiungen und eine Übergangsregelung für befristete
Umsatzsteuerbefreiungen ergänzt werden.
Statement, München, den 26. Juli 2024
Christian Schnurer, Vorsitzender des BBK Bayern e.V. und Vorstand der SK³ - Ständige Konferenz für Kunst und Kultur in Bayern e.V. zu den aktuellen Informationen bzgl. des Kulturetats 2024 der Landeshauptstadt München:
„Laut mehrerer Gespräche mit Fachabteilungen im Kulturreferat und den neusten Informationen ist die vorläufige Haushaltssperre für die laufenden Projekte im Kulturreferat abgewendet (Informationsstand 25.07.2024 - 17.15 Uhr). Ich bin sehr dankbar, dass diese Unsicherheit jetzt beendet ist, die die letzten Tage alle kommunal geförderten Projekte in Aufruhr versetzt hat. Das Kulturreferat weiß, dass die Investitionen in Projekte meistens durch staatliche und private Drittmittel gehebelt werden. Ein plötzliches Ende der städtischen Projektförderung hätte eine Lawine ausgelöst. Diese Gefahr war real.
Für die kommenden Haushalte werden Einsparungen auch die Projektförderung betreffen. Die 2,5 % Einsparungen scheinen vergleichsweise wenig zu sein. Sie treffen uns jetzt in einer Phase der allgemeinen Preissteigerung, der sich niemand entziehen kann. Es entsteht ein Mehrbedarf, der nicht gedeckt ist. Die Projektförderungen sind in der Regel verkoppelt mit einer Anteilsfinanzierung aus staatlichen Mitteln, die sich automatisch reduziert, wenn die kommunalen Mittel schrumpfen. Eine Negativspirale entsteht.
Die LH München ist ein hervorragender Kulturstandort, der großartige Institutionen braucht. Gleichzeitig berauben sich Stadt und Freistaat ihrer Flexibilität durch Bindung des Großteils der Kulturausgaben im institutionellen Bereich. Die jetzt auftretende Lücke von 18 Mio. im Haushalt 2024 kann nur dort aufgefangen werden. Selbstverständlich betreffen auch diese Kürzungen die freischaffenden Künstler:innen, da es eine enge Verzahnung zu den Institutionen gibt.“
Pressemitteilung, München, den 24. Juli 2024
Kultur-Kürzungsszenario der Stadt München gefährdet Vielfalt und Qualität
Die SK³ bezieht zu den geplanten Kürzungen im laufenden Haushaltsjahr Stellung
„Die kulturpolitische Unzuverlässigkeit der Landeshauptstadt München ist erschreckend“, so Christian Schnurer, Vorsitzender des BBK Bayern und Vorstand in der SK³ - Ständigen Konferenz für Kunst und Kultur in Bayern: „Erst am 8.7. hatte der Oberbürgermeister die herausragende Bedeutung der Kultur für das politische System hervorgehoben und nun sollen 7,7 Mio. Euro in diesem Jahr, gefolgt von weiteren 11 Mio. in den Folgejahren in der Kultur gekürzt werden.“
Die angekündigten Einsparungen von weiteren 7,7 Mio. Euro im Kulturetat der Stadt München, sind ein schwerer Schlag für die Kunst und Kultur in München, die Strahlkraft nach ganz Bayern wird damit massiv gefährdet. Insgesamt belaufen sich damit die Kürzungen auf 18,7 Mio. Euro bezogen auf den Vorjahreshaushalt 2023. Und dies bei genereller Steigerung der Kosten. Dass der grundsätzlich knappe und vergleichsweise kleine Etat für Kunst und Kultur auch in den nächsten zwei Jahren weitere Kürzungen erfahren soll, wird insbesondere diejenigen erheblich treffen, die ohne feste Verträge mit der Stadt auf projektbezogene Förderungen der Freien Szene oder der kulturellen Bildung angewiesen sind.
„Der jetzt drohende Haushaltsstopp wird sich womöglich auf die gesamte Freie Szene erstrecken. Projekte, die ihre zugesagten Mittel nicht abgerufen haben, stehen vor dem aus. Durch angemessene Prioritätensetzung könnte mit Verzicht auf kostspielige Leuchtturmprojekte und niedrigere Standards in der Ausführung ein größerer Impact für den Stadthaushalt erreicht werden“, führt Schnurer aus.
Die SK³ begrüßt die Bemühungen des Kulturreferates der Landeshauptstadt gezielt nach verträglichen Lösungen und Sparoptionen mit den kulturellen Institutionen und Akteurinnen und Akteuren zu suchen. Diese brauchen Planungssicherheit. Kürzungen im laufenden Haushaltsjahr, können in der Freien Szene nicht aufgefangen werden. Künstlerinnen und Künstler bzw. Institutionen tragen bei ihren Projekten u.a. durch den vorläufigen Maßnahmenbeginn ein hohes Risiko. Dieses Risiko kann nur durch das Vertrauen in eine stabile Haushaltsplanung eingegangen werden. Die SK³ erwartet einen gesicherten Haushaltskonsolidierungsplan für 2025 und 2026 und damit eine Planungssicherheit für die Freie Szene.
„Gerade jetzt, da die Forderung von Mindesthonoraren für Künstler:innen politische Akzeptanz auf allen Ebenen gefunden hat und der Freistaat Bayern die Budgets erhöht, wäre eine Kürzung der Projekte, von denen die Freie Szene profitiert, enorm schädlich – auch weil Komplementärförderungen des Landes und des Bundes verloren gehen“, sagt Walter Heun, der Vorsitzende der SK³.
Das Ziel muss nun sein, die Vielfalt und Qualität in der Kunst und Kultur in München durch eine kluge Planung zu erhalten. Für die Künstlerinnen und Künstler, für die Bürgerinnen und Bürger und für die Stadt.
Stellungnahme bzgl. der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2024/25 des Bayerischen Landtags und den Beschlüssen der Kabinettsitzung
München, den 19. Juni 2024
Perspektiven schaffen
Kulturmilliarde, Kulturagenda, Kulturkaskade – große Begriffe, die vor allem eines zeigen: Kultur ist essenzieller Bestandteil des Freistaats und die demokratischen Kräfte stehen geschlossen hinter der Förderung von Kunst und Kultur in Bayern.
Betrachtet man die Zahlen im Detail, so sticht die derzeit noch bescheidene Steigerung des Etats im Bereich der Freien Künste ins Auge. In naher Zukunft sind neben zunehmender Förderung für einige Kunstsparten jedoch zunächst diese ersten Schritte notwendig:
Abbau bürokratischer Hindernisse!
Wir müssen schnellstmöglich eine frühzeitige Bewilligung der Förderungen des Freistaates, die in die Freie Szene fließen, und eine überjährige Planbarkeit erreichen – damit sich bereits gut angenommene Fördermodelle verstetigen können und sowohl die Mittelausreichenden Stellen als auch die Künstlerinnen und Künstler Kontinuität und Planungssicherheit erhalten.
Die aktuellen Förderregularien müssen dringend überarbeitet werden, insbesondere in Bezug auf den bürokratischen Aufwand und die geforderten Eigenanteile, denn freie Künstlerinnen und Künstler leben ohnehin meist in prekären Verhältnissen und benötigen dringend Unterstützung.
Strukturelle Stärkung der Künste
Um in Zukunft mehr Mittel zielgenau für eine vielfältige Kunst- und Kulturlandschaft einsetzen und neue Förderformate entwickeln zu können, müssen die Mittelausreichenden Stellen zudem strukturell und institutionell gestärkt werden.
Es ist unumgänglich, dass deutlich mehr finanzielle Mittel in die Freie Kunstszene investiert werden müssen, um den Bedarf angemessen zu decken und die künstlerische Aktivität in ganz Bayern zu unterstützen. Es ist entscheidend, dass die geforderten Mindesthonorare für Künstlerinnen und Künstler eingehalten werden können. Im kommenden Jahr 2025 ist im Doppelhaushalt keine weitere Erhöhung der Mittel für das Förderpaket Freie Kunst (TG 1595 / 83) geplant. Diese Entscheidung erscheint angesichts der Inflation, der dringenden Notwendigkeit fairer Honorare und der sozialen Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern äußerst kurzfristig gedacht. Es ist daher von großer Bedeutung, langfristige und nachhaltige Finanzierungslösungen für die Freie Kunstszene in Bayern zu finden.
Walter Heun, 1. Vorsitzender SK³/ Vorsitzender des Bayerischen Landesverbands für zeitgenössischen Tanz:
„Wir müssen gemeinsam eine langfristige Perspektive für die Freien Künste in Bayern und die Künstlerinnen und Künstler entwickeln. Dafür muss die Förderung der Freien Kunst in einer finanziellen Dimension gedacht werden, die die Notwendigkeit abbildet, als Künstlerin oder Künstler zu leben, ohne am sozialen Abgrund entlang zubalancieren. Dazu gehört: etablierte Förderprogramme weiterentwickeln, genug Geld in den gesamten Sektor einfließen lassen, dass Mindesthonorare bezahlbar und Kostensteigerungen bedacht werden. Die Freien Künste werden den ländlichen Raum kulturell bereichern, leerstehende Räume aktivieren und im Zusammenspiel von Freistaat, Bund, Kommunen und Bezirken Modelle multilateraler Finanzierung für die Künste etablieren. Darüber werden wir intensive Gespräche mit allen Beteiligten führen.“